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Warum empfiehlt sich das XY-Verfahren für Stereoaufnahmen?

Die Aufnahme mit echten XY-Stereomikrofonen bietet einige Vorteile wie:

  • Ein natürlich klingendes Stereobild
  • Eine präzise Abbildung der L/R-Breiten- und -Tiefenstaffelung
  • Die Fähigkeit, Schallquellen auf der Vorderseite unverfälscht aufzunehmen
  • Eine einfache Mono-Konvertierung für Broadcast-Anwendungen

Das Hauptargument ist, dass es KEINE Phasenverschiebungen zwischen den mit dem linken und rechten Mikrofon aufgenommenen Signalen gibt. Anhand eines Vergleichs zwischen echten XY-Stereoaufnahmen und dem herkömmlichen AB-Stereoverfahren befasst sich dieser Artikel mit der Frage, wie diese Phasenverschiebungen die Klangqualität beeinträchtigen.

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XY-Stereo-Technik

Dieses Foto zeigt einen XY-Stereo-Aufbau mit zwei aufeinander abgestimmten Mikrofonen. Ihre Kapselmembranen sind auf derselben Achse in einem Winkel von 90° auf die Klangquelle ausgerichtet. Durch eine Positionierung mit identischem Abstand erreichen die Schallwellen beide Mikrofone zeitgleich, wodurch Signalverzögerungen verhindert und Phasenverschiebungen vermieden werden.

Aber wie hängen Signalverzögerungen und Phasenverschiebungen eigentlich genau zusammen?

Um das herauszufinden, vergleichen wir die XY-Stereo-Aufnahme mit der AB-Stereo-Aufnahme.



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XY-Stereo vs. AB-Stereo

Die von einer mittig positionierten Quelle ausgehenden Schallwellen (braune Gitarre) erreichen das linke und rechte Mikrofon unabhängig von der verwendeten Stereo-Aufnahmetechnik zeitgleich.

Im Gegensatz dazu treffen die Schallwellen einer Quelle, die sich nicht in der Mitte befindet (grüne Gitarre), bei der AB-Mikrofonaufstellung mit einer minimalen Verzögerung auf das linke und das rechte Mikrofon. In der Abbildung oben wird diese Verzögerung mit dem grünen Pfeil dargestellt, der zeigt, dass das Signal einen geringfügig längeren Weg nehmen muss, um das linke Mikrofon zu erreichen.

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Wie groß ist die spezifische, mit dem grünen Pfeil dargestellte Verzögerungszeit bei der nicht mittig positionierten Klangquelle?

Wir gehen in diesem Beispiel davon aus, dass die Mikrofone in der AB-Anordnung einen Abstand von 48 mm haben. Bei der Aufnahme einer Klangquelle, die sich in einem Winkel von 45° auf der rechten Seite befindet, ist das linke Mikrofon entsprechend 34 mm weiter von der Quelle entfernt als das rechte Mikrofon. Da der Schall sich durchschnittlich mit 340 m pro Sekunde ausbreitet, erreichen die Schallwellen das linke Mikrofon also ungefähr 0,1 Millisekunden später als das rechte.

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Wie wirkt sich eine Verzögerung von 0,1 Millisekunden auf den Klangcharakter aus?


Die durch den Abstand verursachte Verzögerung ist konstant, aber ihr akustischer Effekt ändert sich frequenzabhängig – und das wird als Phasenverschiebung bezeichnet. Jede Frequenz hat eine bestimmte Wellenlänge: Beispielsweise hat ein Signal mit 1 kHz eine Wellenlänge von 340 mm. Höhere Frequenzen haben entsprechend kürzere Wellenlängen: Bei 5 kHz sind es 68 mm, bei 10 kHz nur noch 34 mm.

Wenn das verzögerte Signal des linken Mikrofons bei der Wiedergabe mit dem unverzögerten Signal des rechten Mikrofons kombiniert wird, beeinflusst diese Interaktion die Audiowahrnehmung. Beispielsweise wird ein Signal mit 1 kHz bei einer Phasenverschiebung von etwa 40° geringfügig verstärkt, während eine Verschiebung von 180° bei 5 kHz zu einer Auslöschung führt. Bei 10 kHz kann eine Verschiebung von 360° das Signal dagegen verdoppeln. Das zeigt, wie stark die Mikrofonplatzierung und die Phasenverschiebungen den finalen Klang beeinflussen.

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Stellen Sie sich vor, dass das verzögerte linke Mikrofonsignal zusammen mit dem unverzögerten rechten Mikrofonsignal über die Lautsprecher wiedergegeben wird. Da die Signale der beiden Lautsprecher im Abhörraum gemischt werden und beide Ohren erreichen, beeinflussen die Phasenverschiebungen in hohem Maß, was Sie hören.

So wird sich die Sinuswelle mit 1 kHz bei einer Phasenverschiebung von etwa 40° etwas lauter anhören. Bei 5 kHz sorgt die Phasenverschiebung von 180° hingegen dafür, dass sich die Wellen, ähnlich wie bei einer Rauschunterdrückung, gegenseitig vollständig auslöschen und das Signal damit „verschwindet“. Bei 10 kHz hingegen verdoppelt sich die Signalamplitude bei einer Phasenverschiebung von 360°.

Das zeigt, wie die Mikrofonplatzierung und die daraus resultierenden Phasenverschiebungen den Klang dramatisch und unvorhersehbar verändern können.

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Die Abbildung oben zeigt, wie sich die Phasenverzögerungen zwischen den linken und rechten Kanälen über den gesamten Frequenzgang auf die Klangfarbe auswirken. Die als Frequenz-Amplituden-Charakteristik bezeichnete Grafik zeigt, dass eine Verzögerung von 0,125 ms dafür sorgt, dass sich bestimmte Frequenzen (4 kHz, 12 kHz, 20 kHz) auslöschen, während andere (8 kHz, 16 kHz) verstärkt werden und dadurch ein Kammfiltereffekt entsteht. Dieser sorgt wiederum für eine spezifische Klangfarbe, die sich deutlich vom Originalsignal unterscheidet.

Selbst bei professionellen Anwendungen bleiben Phasenverzerrungen ein zentrales Problem bei der Stereo-Aufnahme. Ein Vergleich des echten XY-Verfahrens mit dem AB-Verfahren zeigt Folgendes: Die echte XY-Abnahme bewahrt die harmonischen Strukturen von Sägezahnwellen – einer Wellenform, die besonders empfindlich auf Phasenverzerrungen reagiert – während das AB-Verfahren, insbesondere bei größeren Mikrofonabständen, für Phasenverschiebungen sorgt, die zu einer Verzerrung der Wellenform führen.



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Dieser Kammfiltereffekt ist im Obertonspektrum einer AB-Aufstellung deutlich erkennbar und sorgt für einen nasalen Klangeindruck, der unterstreicht, wie wichtig eine Kontrolle der Phasenbeziehungen bei Stereo-Aufnahmen ist.

Selbst bei professionellen Mikrofon-Anwendungen bleiben Phasenverzerrungen ein kritisches Problem bei der Stereo-Aufnahme.

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Wenn eine Grundfrequenz von 500 Hz eine Amplitude von 1 aufweist, sollte die Amplitude ihrer Obertöne im Idealfall proportional abnehmen, sprich: 1/2 für die zweite Harmonische (1 kHz), 1/3 für die dritte Harmonische (1,5 kHz) und so weiter. Bei dem echten XY-Verfahren bleibt dieses harmonische Verhältnis erhalten, während das AB-Verfahren Phaseninterferenzen erzeugt, die in der kombinierten Wellenform für Verzerrungen sorgen.

Diese Verzerrungen manifestieren sich als ausgeprägter Kammfiltereffekt im Obertonspektrum und sorgen für einen nasalen und unnatürlichen Klang.

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Eine echte XY-Stereomikrofonaufstellung eliminiert Phasenunterschiede zwischen den linken und rechten Kanälen und sorgt für transparente und akkurate Aufnahmen ohne Klangfärbungen, auch wenn die Signale miteinander gemischt werden. Diese Phasenkohärenz führt zu einer natürlichen Stereoabbildung, einer präzisen Lokalisierung und einer realistischen räumlichen Tiefe.

Aus diesem Grund lassen sich die Modelle der ZOOM H-Serie, die von den kompakten bis zu den studiotauglichen Recordern über echte XY-Mikrofone verfügen, problemlos für professionelle Audioaufnahmen einsetzen.